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Der jahrhundertealte Sagenstoff über den Auszug der Hämelschen Kinder hat schon so manchen Komponisten zu klassischen Stücken und so manchen Musiker zu Liedern inspiriert – so auch den französischen Chansonsänger Hugues Aufray.

„Sein Chanson „Le Joueur de Pipeau“ textete, komponierte und sang er zum ersten Mal 1966. Es gehört zu seinem festen Repertoire und hat zahlreiche Künstler – auch zu Illustrationen – angeregt.“, schreibt Bernd Bruns 2015 im Jahrbuch des Hamelner Museumsvereins. Als Beispiel seien die Illustrationen der französischen Künstlerin Marie Halleux genannt.

Illustration: Marie Halleux. Die junge französsische Künstlerin wurde durch die langen Aurofahrten mit ihrem Vater, der gern Hugues Aufray hörte, zu einer Reihe von Rattenfänger-Illustrationen angeregt. Mehr davon gibt es in ihrem Blog

Hier geht’s zum Chanson. Aber Achtung, es kommt mit einer Ohrwurm-Garantie!

Zum Mitsingen ist im Folgenden der Liedtext im Original und in der deutschen Übersetzung, die Bernd Bruns für seinen Beitrag im Hamelner Jahrbuch anfertigte, wiedergegeben.

Le Joueur de Pipeau

Un étranger est arrivé un beau soir.
De son pipeau il tirait des sons bizarres.
Ses cheveux longs
lui donnaient l’air d’un vagabond.

En ce temps-là, la ville était envahie
Par tous les rats venus du fond du pays.
Privés de pain,
Les habitants mouraient de faim.

Le musicien leur dit: „Si vous le voulez,
Je peux sur l’heure du fléau vous délivrer.“
Pour mille écus
le marché fût bientôt conclu.

Devant l’église il joua de son pipeau
Comme un berger qui rassemble le troupeau,
Et de partout
les rats sortirent de leur trous.

On vit les rats qui le suivaient dans les rues.
Chemin faisant, ils étaient cent mille et plus.
Il les mena
à la rivière et les noya.

„C’est un sorcier!“, s’écrièrent les bourgeois.
Tout le village déjà le désignait du doigt.
A coup de pierre
et sans argent, ils se chassèrent.

Tout le village dormait paisiblement,
Lorsque soudain on entendit dans le vent
Un doux refrain
que les enfants connaissait bien.

Les p’tits enfants en chemises de nuit
Cherchaient le vent et le pipeau dans la nuit.
Ils arrivèrent
à la rivière et se noyèrent.

Der Pfeifenspieler

Eines Abends ist ein Fremder in die Stadt gekommen.
Bizarre Klänge seiner Pfeife hat man da vernommen.
Lange Haare ungebunden
Machten ihn zum Vagabunden.

Zu jener Zeit war überschwemmt die Stadt von Ratten,
Die sich aus allen Löchern hier versammelt hatten.
So ihres Brotes beraubt starben
die Einwohner hungers und verdarben.

Der Musikant sprach zu ihnen: „Wenn ihr willens seid,
Werdet ihr sofort dieser Plage befreit.“
Und der Kontrakt ward zuletzt auf tausend Taler aufgesetzt.

Und vor der Kirche blies er nach Pfeifers Art
Wie ein Hirte, der seine Herde um sich schart.
Und von überall her wie aus Verstecken
krochen die Ratten aus Löchern und Ecken.

Man sah die Ratten. Sie zogen ihm hinterher
Wohl insgesamt hundert tausend und mehr.
Und er führte sie zum nahen Fluss,
wo das Rattenheer ertrinken muss.

„Das ist ein Zauberer!“ schrien die Städter
Und zeigten mit Fingern auf den Attentäter.
Mit Steinwürfen verjagten sie ihn,
und ohne Geld muss er von dannen ziehn.

Der ganze Ort schlief friedlich und fest,
Als sich plötzlich im Winde vernehmen lässt
Eine sanfte Melodie
Und die Kinder kennen sie.

Und die Kleinen in ihren Hemden
suchten den Wind, die Pfeife, den Fremden,
Und sie gelangten bei Nacht zum Fluss
Und ertranken alle, so der Schluss.

Zum Weiterlesen:

Bruns, Bernd: Hugues Aufray – Le Jouer de Pipeau, in: Museumsverein Hameln (Hg.): Jahrbuch 2015. Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Hameln und der Region, S. 171-176.