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Waleri Brjussows Rattenfänger-Gedicht vertont von Sergei W. Rachmaninow

Von dem in Russland bekannten Dichter Waleri Brjussow hat man hierzulande noch nicht unbedingt gehört. Anders sieht es da schon bei Sergei W. Rachmaninow aus. Beide Künstler setzten sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Rattenfänger-Sage auseinander.
Dabei ist das Gedicht von Waleri Brjussow aus dem Jahre 1904 das älteste literarische Zeugnis vom Rattenfänger, das uns bisher auf Russisch bekannt ist. Da wir keine offizielle Übersetzung ins Deutsche finden konnten, hat Katharina Birjukow vom Projekt „Pied Piper International“ selbst eine Übersetzung angefertigt (siehe unten). Waleri Brjussow tritt mit seinem Gedicht thematisch in die Fußstapfen Johann Wolfgang von Goethes. Dieser veröffentlichte 1804 ein Gedicht zum Rattenfänger, in dem er die Figur unter anderem als jugendlichen Verführer und Frauenschwarm darstellt. Das durch Goethe eingeführte Sujet trifft den Geschmack der Zeit und wird von späteren Literaten wie Julius Wolff, Viktor Dyk oder Waleri Brjussow aufgegriffen und variiert. Brjussows Gedicht „Krisolov“ wird 1916 in dem Lieder-Zyklus Opus 38 von Sergei W. Rachmaninow vertont. Hier könnt ihr es euch anhören:

Kr y solov

Я на дудочке играю,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Я на дудочке играю,
Чьи-то души веселя.

Я иду вдоль тихой речки,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Дремлют тихие овечки,
Кротко зыблются поля.

Спите, овцы и барашки,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
За лугами красной кашки
Стройно встали тополя.

Малый домик там таится,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Милой девушке приснится,
Что ей душу отдал я.

И на нежный зов свирели,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Выйдет словно к светлой цели
Через сад через поля.

И в лесу под дубом темным,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Будет ждать в бреду истомном,
В час, когда уснет земля.

Встречу гостью дорогую,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Вплоть до утра зацелую,
Сердце лаской утоля.

И, сменившись с ней колечком,
Тра-ля-ля-ля-ля-ля-ля,
Отпущу ее к овечкам,
В сад, где стройны тополя.

Der Rattenfänger 

Ich spiele auf meinem Pfeifchen,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Ich spiele auf meinem Pfeifchen,
zur Labsal der Seelen.

Ich wandere entlang eines ruhigen Flüsschens,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Stille Schäfchen träumen,
Sanftmütig wogen die Felder.

Schlaft, Schafe und Lämmchen,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Hinter den Wiesen roten Kleeblatts,
Stehen schlanke Pappeln.

Ein kleines Häuschen verbirgt sich dort.
Tra-la-la-la-la-la-la,
Einem lieblichen Mädchen wird träumen,
Dass ich ihr meine Seele schenke.

Und dem zärtlichen Ruf des Flötchens folgend,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Kommt sie, wie zum lichten Ziel,
Durch den Garten über die Felder.

Und im Wald unter der dunklen Eiche,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Wird sie warten im seligen Delirium,
Auf die Stunde, da die Welt entschlafen wird.

Ich werde meinen teuren Gast empfangen,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Bis zu Morgenröte werde ich sie küssen,
Das Herz mit der Liebkosung stillen.

Und nachdem wir Ringleine ausgetauscht haben,
Tra-la-la-la-la-la-la,
Entlasse ich sie zu den Schäfchen,
In den Garten, wo die schlanken Pappeln stehen.